Bild: Adobe Stock / 262416708

Lizenzgebühren für Fahrzeuginformationen: Wichtiger Etappensieg mit Auswirkungen auf den Independent Aftermarket

 
Gerichtshof der EU entscheidet, dass Automobilhersteller nicht willkürlich exorbitante Lizenzgebühren für Fahrzeuginformationen erheben dürfen.

 

Mit der Zunahme der intelligenten Steuerungen und komplexen Systemvernetzungen in Fahrzeugen geraten Daten zum Gold von morgen. Denn ohne die richtigen Daten – ob im Fahrzeug gewonnen, seitens des Herstellers in der Fahrzeug-Software impementiert oder für Reparatur und Service – geht heute nichts mehr. So kämpfen internationale und nationale Branchenverbände, denen auch HELLA und Hella Gutmann angehören, um die Zugänglichkeit von Informationen für alle Marktteilnehmer, also auch für freie Werkstätten.

Einen wichtigen Etappensieg bildet ein aktuelles Urteil des EuGH (Gerichtshof der EU). Auf der Grundlage einer Vorlage des Landgerichts Köln vom Juni 2021 hat der EuGH am 27. Oktober 2022 sein Urteil in der Rechtssache ADPA/GVA gegen Peugeot/PSA (C-390/21) gefällt. Wie von der Anwaltskanzlei Osborne Clarke mitgeteilt, bestätigte es die Rechtsauffassung der Kläger ADPA (Automotive Data Publishers Association) und GVA (Gesamtverband Autoteile-Handel), dass der Informationsanbieter (Automobilhersteller)bei gesetzlichen Zugangsansprüchen und Gebührenregelungen nicht zusätzlich den Abschluss eines Lizenzvertrages zu eigenen Bedingungen verlangen kann. Der EuGH entschied, dass Fahrzeughersteller nicht willkürlich "Lizenzgebühren" für Reparatur- und Wartungsinformationen erheben dürfen. Sie müssen die Informationen für den Markt frei zugänglich machen. Dafür dürfen sie „angemessene und verhältnismässige“ Gebühren verlangen. Wie diese konkret zu bemessen sind, soll in einem weiteren Verfahren vor dem Landgericht Köln geklärt werden.

Der EuGH stellte zudem klar, dass die Verordnung 2018/858 über die Genehmigung und Marktüberwachung von Kraftfahrzeugen auch auf ältere Fahrzeugmodelle anwendbar ist, die vor ihrem Inkrafttreten typgenehmigt wurden. PSA hatte argumentiert, die Verordnung könne nur für Modelle gelten, die nach September 2020 genehmigt wurden. Demnach wären sie beim Großteil ihrer Fahrzeuge nicht in der Pflicht, Reparatur- und Wartungsinformationen in Form von elektronischen und maschinenlesbaren Datensätzen bereitzustellen.

Michael Pedersen, Leiter der Datenversorgung bei Hella Gutmann und eines der Gründungsmitglieder der ADPA, stellt klar:

"Insgesamt ist es ein sehr positives Ergebnis für alle Akteure in der Wertschöpfungskette des freien Kfz-Teilemarktes und damit letztendlich für die Fahrzeughalter. Es stellt sicher, dass der gesamte IAM weiterhin von erschwinglichen Datendiensten für alle Fahrzeuge profitieren kann. Wir sind stolz darauf, dass die ADPA mit dieser Initiative zu einem gut funktionierenden Ökosystem für die Fahrzeugreparatur beigetragen hat."

Ungeachtet der realen Umsetzung der von den Branchenverbänden geforderten freien Zugänglichkeit von Informationen, sieht sich Hella Gutmann als Hersteller markenübergreifender Diagnose- und Kalibrierlösungen in der Pflicht, freie Werkstätten mit den benötigten Daten und Datenzugängen zu unterstützen. Über HGS Data und die mega macs Software stellt Hella Gutmann seinen Kunden und Geschäftspartnern hochqualitative Daten (Großteils OE-Daten) zur Verfügung. Zudem stellt sich Hella Gutmann bereits seit drei Jahren der Herausforderung, seinen Kunden auch den Zugang zu System- und Fahrzeugdaten unbeeinträchtigt zu ermöglichen, die seitens der Fahrzeughersteller durch Security Gateways gegen unberechtigte Zugriffe geschützt sind. Dies gelingt über das in der mega macs-Software integrierte, markenübergreifende Cyber Security Management (CSM). Die sukzessive Ausweitung der wichtigen Funktion auf möglichst viele Hersteller bedeutet einen enormen Kraftakt sowohl in vertragstechnischer als auch finanzieller Hinsicht. Im vergangenen Geschäftsjahr ist es gelungen, CSM auf derzeit zwölf in Europa gängige Marken auszuweiten.